25 Januar 2021

Korsett um 1910

Werbung, bzw. Namensnennung eines Schnittmusters

Mit dem späten Korsett nach dem Schnittmuster von Reconstructing History (RH 1057) geht es auf zu neuen Ufern! Na, zumindest fürs Erste, denn konkrete Pläne bezüglich der Oberbekleidung habe ich noch nicht.

Das Unterbrustkorsett ist einfach zu nähen. Das Schnittmuster ist gut beschrieben und kommt auf schönem, festem Papier daher - so mag ich das! Im Gegensatz zur Vorlage nähte ich allerdings nicht ein- sondern zweilagig, um dem leinwandbindigen Oberstoff durch einen leichten Köper noch zusätzlichen Halt zu geben.


Beim Original, nach welchem der Schnitt erstellt wurde, sind unterhalb der Korsettschließe noch Haken und Ösen angebracht. Ob ich diese noch ergänze, werde ich nach einigem Tragen des Korsetts entscheiden. Im Buch "Corsetts - Historical Patterns & Techniques" wird z.B. auch eines vorgestellt, welches den Schlitz nach unten einfach offen läßt. Ebenso werde ich erst später über das eventuelle Ergänzen von Strumpfhaltern entscheiden.

Bei der Anprobe des Korsetts stellte sich mir gleich mal die Frage, wie die Damen früher gesessen sind. Wirklich bequem ist das mit diesem Korsett nämlich nicht, denn die Stäbe reichen hinten sehr weit nach unten. Vielleicht kriege ich das mit dem Sitzen ja noch irgendwann raus.... Kein Wunder, dass dieses Korsett nur wenige Jahre später seine Abschiedsvorstellung gab und durch andere, bequemere Unterwäsche ersetzt wurde.


Die Reformbewegung war auf dem Vormarsch und langsam zeigten die Aufrufe, auf Korsetts und einengende Kleidung zu verzichten, Wirkung. Auch bei weniger reformliebenden Frauen drang durch, dass ein Umdenken stattfinden musste. Nicht nur beim Korsett, sondern bei der Unterwäsche überhaupt. Und so paradox es klingt, trug gerade die enge Mode ab 1910 ihr Scherflein hierzu bei, denn "sie hat uns die überflüssige Unterkleidung abgewöhnt", so die "Welt der Frau" 1912, nicht ohne manche Reformkleidträgerin als Schein-Reformerin zu enttarnen: "Die Bewegung zur Einführung der Reformtracht für die Frau war einerseits mit Erfolg bestrebt gewesen, nicht nur den beengenden Zwang des Korsetts aufzugeben, sondern auch die Unterkleidung auf das notwendige Maß zu beschränken. Aber das Reformkleid ist lose, es zwingt nicht unbedingt zum Ablegen der geliebten altgewohnten zwei oder gar drei Unterröcke und da hat sich denn manche Frau damit begnügt, sich nur nach außen hin zu reformieren und im übrigen dem alten Schlendrian weiter zu huldigen. Das ist bei der heutigen engen Mode ausgeschlossen, die duldet kein überflüssiges Kleidungsstück..." Und nachdem man sich schon dazu durchgerungen hatte, die Unterröcke der Mode zu opfern, war es wohl nur noch ein kleiner Schritt, offener für ein Leben ohne Korsett zu werden.

Doch noch waren die meisten Frauen darauf bedacht, die enge Kleidung mit hoher Taille möglichst tadellos und ohne Falten zu tragen und das Korsett gewährleistete dies, wie man bei folgender Fotografie schön sieht. Man beachte den faltenfreien, eng anliegenden hohen Bund des Rockes.


Leider hat mir die Gute nicht verraten, wie sie es geschafft hat, trotz des Korsetts das Bein auf das Möbel zu legen. Allerdings gab zu der Zeit bereits Korsetts mit elastischen Einsätzen, vielleicht trägt sie ein solches, wer weiß das schon. Jedenfalls bin ich mit meinem Korsett nun gewappnet, sollte mich irgendwann der Wunsch ereilen, ein enges Kleid um 1910 oder den darauf folgenden vier Jahren tragen zu wollen.




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