Der stabilere und auch elastischere Verwandte des Vorstichs ist der Hinter- oder Steppstich. Er beginnt wie ein Vorstich: von unten durch und über den Stoff, dann in und unter den Stoff. Danach führt man die Nadel aber über dem Stoff zurück und sticht am Ende des vorangegangen Stiches ein.
So sieht es im Querschnitt aus, als ob sich der Faden in Längsrichtung in Schlingen durch den Stoff zieht. Aufgrund dieser Schlingen ist der Stich tatsächlich etwas längselastisch und sollte der Faden reißen, trotzdem haltbar. Wer einmal eine Handnaht aus Steppstich wieder auftrennen musste, weiß Bescheid. Hier ist sogar eine Maschinennaht deutlich weniger stabil. Gerade für Nähte, die einen Querzug aushalten müssen ideal.
Man hat im Rahmen von Ausgrabungen in London (Grabungshorizonte von ca. 1100 bis 1450 n.Chr.) Reste von Strümpfen gefunden, deren Längsnaht genau mit diesem Stich ausgeführt worden war. Die noch existierenden Funde belegen, dass die Strümpfe im schrägen Fadenlauf zugeschnitten wurden, damit sie sich gut an das Bein anlegen. Und damit hier die Längsnaht sozusagen mitgehen kann, hat man den Steppstich verwendet.
Zuerst ein Beispiel für die Hauptanwendung des Stiches. Das folgende Bild zeigt die Oberseite des Stiches, das zweite darunter die Unterseite. Hier werden die Schnitt-Teile einer 1848er Taille verbunden. Im Bild auch zu erkennen: der Heftstich, mit dem Außen- und Innenstoff verbunden wurden, um sie dann als ein Schnitt-Teil ohne Verrutschen behandeln zu können.
Man benutzt ihn aber auch um Kanten oder Biesen abzusteppen. Da ich bislang so etwas nicht im Kleiderschrank führe, habe ich ein kleines Muster angefertigt. Hier wurden erst zwei Lagen Stoff knappkantig zusammen genäht, umgeschlagen und die Kante schmal mit einem kleinen Steppstich abgenäht. Der besseren Sichtbarkeit halber habe ich hellen Stoff und dunklen Faden benutzt. Der Abstand zur Kante beträgt 2 mm. Man könnte so z.B. eine Kragenkante oder ein Revers betonen.
Als Rückstich bezeichnet man den Handstich, der sich aus einer Mischung von Vor- und Hinterstich ergibt. Er vereint den Vorteil des Vorstiches, der sich verhältnismäßig schnell arbeiten läßt, mit dem Vorteil des Hinterstichs, sich bei gerissenem Nähfaden nicht gleich aufzuräufeln. Irgendwie passt er deshalb sowohl in diesen, als auch in den Beitrag zum Vorstich; daher darf er in beiden mitspielen.
Man näht also im Normalfall einen Vorstich, sticht aber in regelmäßigen Abständen zurück, um die Naht gegen Aufräufeln zu sichern. Je nachdem, wofür man ihn benutzt, variiert man die Stichlänge und die Häufigkeit der Rückstiche.
Hier benutze ich ihn um die Rockbahnen eines Biedermeierkleides zusammen zu nähen. Jeweils links und rechts zum Bildrand hin erkennt man den Rückstich zur Sicherung der Naht. Dem Verwendungszweck angemessen wird sie mit einem kleinen Stich genäht. Die Nahtzugabe ist ca. 2 cm breit (ich habe mich beim Nähen der Einfachheit halber am Stoffdruck orientiert).
Er taugt auch gut zum Aufheften. Das untenstehende Bild zeigt die Innenseite einer Biedermeier-Taille. Hier habe ich mit dem Rückstich das Tunnelband aufgenäht, in dem der Stab zum Aussteifen eingeschoben wird. Da ich sichergehen wollte, dass das Band fest anliegt, besteht er nur aus einem sehr weit auseinander gezogenen Hinterstich, ohne Vorstiche dazwischen.
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