10 Juli 2021

Tutorial: Badekappe aus dem Jahr 1888

Um die coiffierte Haarpracht beim fröhlichen Planschen vor dem kühlen Nass zu schützen, bediente sich die Dame der Badekappe. Sinnvollerweise wird bei der Herstellung derselben ein wasserabweisendes Material verarbeitet, nämlich gewachstes Leinen.

 
Diese Badekappe entstand anhand der Vorgaben aus "Der Bazar" - also der deutschen Ausgabe der "La Mode Illustrée" - aus dem Jahr 1888.

  "Zur Herstellung der Badekappe schneidet man aus Wachsleinen nach Fig. 65 und 66 je einen Teil der Mitte entlang im ganzen, stattet den vorderen Teil mit Reihen von 3/4 Cent. breiter roter Wollenborte aus und faßt ihn ringsum mit 1 Cent. breiter gleicher Borte ein, wobei längs des hinteren Randes ein dünner Rohrstab mit zu befestigen ist. Den hinteren Teil schlägt man unten in Zacken aus, steppt ihm am vorderen Rande, nachdem die vorgezeichneten Falten ausgeführt sind, 3/4 Cent. breite, sowie längs der Linie für einen Zug 1 1/4 Cent. breite Wollenborte auf und leitet durch letzteren schmales Wollenband, dessen Enden zusammengebunden werden. Der hintere Teil wird alsdann von 65 bis 66 dem vorderen Teil aufgenäht und die Badekappe in ersichtlicher Weise mit einer Rosette von 3 Cent. breiter Wollenborte garniert." 

Alles klar? Keine Sorge - wir werden etwas ausführlicher. 😉 Los geht´s!

 

Schnittmuster

Klicke hier für Schnittmuster Teil 1 und Teil 2 und drucke dir die beiden Seiten aus. Achte darauf, dass du beim Drucken die tatsächliche Größe druckst und vergleiche die Maße am Kontroll-Quadrat. Danach schneide die Schnittmusterteile aus und klebe die Schnittmusterteile B1 und B2 an der markierten Stelle aneinander. 

 

Material

Für die Herstellung der Badekappe werden benötigt:

  • weißes Wachsleinen 50 x 40 cm  Klick -> Wie wachse ich das Leinen?
  • rotes Nähgarn
  • rotes Nahtband - 5m lang, 1 cm breit
  • schmales Band oder dünne Kordel zum Binden - ca. 80 cm
  • Peddigrohr - 40 cm

Zur Info: Meine Version weicht beim Material insofern vom Original ab, als dass ich keine unterschiedlich breiten Wollborten benutzte, sondern einheitlich mit einem Baumwoll-Nahtband von 1cm Breite arbeitete. 

 

Anleitung

1. Schneide aus dem Leinen die beiden Schnittmusterteile im Bruch zu (keine Nahtzugabe nötig) und zeichne die Markierungen für die Falten und den Tunnel auf. Tipp: Dies geht besser, wenn das Leinen noch unbehandelt ist und das Wachsen desselben erst nach dem Zuschnitt vorgenommen wird.

Wir fertigen zunächst den vorderen Teil der Kappe, und arbeiten mit dem kleineren Schnittmusterteil A.

2. Fasse zunächst die untere Kante des vorderen Teils - also die gerade Seite - mit dem Nahtband ein. Ich nähe hierbei die Borte zunächst auf meiner gewählten Vorderseite so an, dass die Mitte der Borte genau auf die Kante des Stoffes trifft. Danach klappe ich die Borte um die Kante und nähe die Borte auf der linken Seite von Hand an, so dass die Naht von der rechten Seite nicht sichtbar ist. (Beim Bild sind die unter dem folgenden Punkt 3 genannten Reihen schon aufgenäht - bitte nicht irritieren lassen)

3. Dann wird reihenweise das Nahtband auf das vordere Teil genäht, bis dieses bedeckt ist. Der Abstand zwischen den Reihen ist Geschmackssache - wähle die Breite einfach so, wie sie dir gefällt. Schneide alle überstehenden Bandenden zurück, so dass nichts über den Stoff raus steht.

4. Jetzt wird der obere Rand eingefasst. Gehe hier zunächst vor wie beim unteren Rand und nähe das Nahtband auf der Vorderseite fest. 


5. Klappe nun ein Bandende (die schmale Seite des Bandes) nach innen, bevor du es mit der langen Seite über die Stoffkante klappst. 

 

6. Nähe das Band mit einigen Stichen fest, bevor Du das Peddigrohr einschiebst und nachfolgend mit einnähst. Kürze das Peddigrohr, wenn es zu lang ist. Kurz vor Ende klappst du wieder den überstehenden Teil des Bandes nach innen und nähst dann das Band fertig an. 


 

Das vordere Teil ist nun fertig:


 

Nun kommt der hintere Teil der Kappe dran, das größere Schnittmusterteil B.

7. Schneide zunächst den unteren, geraden Rand mit einer Zackenschere oder mit einem Rollschneider mit Zackenaufsatz nach. 

8. Lege am oberen Rand anhand der aufgezeichneten Markierungen die Falten. Das kann etwas mühsam sein, da der Stoff durch die Wachsbehandlung recht störrisch sein kann. Befestige die Falten nah am Rand mit Stecknadeln und setze diese nicht zu weit innerhalb des Stoffes an - die entstehenden Löcher würden im Wachsleinen sichtbar bleiben! (Ich habe zunächst versucht, die Falten mit Klammern zu fixieren um auf die Stecknadeln zu verzichten, beim Nähen erwies sich dies jedoch als wenig hilfreich, weshalb ich letztlich doch bei den Stecknadeln gelandet bin.)

 9. Nähe ausgehend von einer Tunnelmarkierung bis zur selben Markierung an der anderen Seite entlang der oberen Außenkante das Nahtband an (diesmal nicht einfassen, nur annähen) und nähe die Falten hierbei fest. 

10. Nähe nun Nahtband für den Tunnel auf der rechten Seite der Kappe entlang der entsprechenden Markierung an. Ziehe das Bindeband durch den Tunnel. Eine Häkelnadel (am besten eine lange tunesische) kann hierbei hilfreiche Dienste leisten. Mach dir  keine Sorgen, wenn der Stoff Knickspuren bekommt - das wird bei Gebrauch ohnehin geschehen und war früher nicht anders. (Ich habe hier noch die Ecken mit dem Rollschneider abgerundet, weil ich dachte, es sieht besser aus. Wie sich herausstellte, war dies aber überflüssig.)


Das hintere Teil ist nun ebenfalls fertig:


 11. Nun werden die beiden Teile verbunden. Von der vorderen Mitte ausgehend habe ich beide Teile aufeinander gesteckt und von links mit einem Überwendlingstich an den roten Bändern aneinander festgenäht.  

 

12. Wende die Kappe und drücke den Stoff zurecht. Zum Schluss stellst du aus dem restlichen Nahtband eine Schleife oder Rosette her und befestigst sie an der Kappe. Fertig.😊


 

2 Kommentare:

  1. Die Haube ist enfach ein richtiger Hingucker und ich kann mir gut ausmalen, wie viele Blicke die fesche Kopfbedeckung in einem Seebad auf sich gezogen hat. Kaum zu glauben, dass dann Mitte des 20.Jahrhunderts diese unglaublich gräßlichen Gummibadekappen die Schwimmbäder erobert haben!
    Bei der luftig leichten Wachsleinenhaube hingegen wird's einem direkt sommerlich um's Herz! Vielen Dank für die detaillierte Anleitung...und vielleicht kommt bald eine Gelegenheit die Haube mal mit See-oder Meereswasser in Berührung zu bringen!

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    1. Lieben Dank!

      Die Badekappe ließ sich sehr gut tragen. Und auch wenn sie bislang nicht wirklich mit Badewasser in Verbindung kam, so kann ich vermelden, dass darüber gegossenes Wasser ordnungsgemäß abperlt und alles was sich unter der Haube befindet trocken bleibt. Unsere Altvorderen wussten eben, was gut funktioniert. :)

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